Audiophilie und Lossless
Erst kürzlich las ich im “The Unofficial Apple Weblog” (TUAW) einen Artikel, der sich eigentlich mit Apples neuestem Streich “iTunes Match” auseinandersetzt. Autor Richard Gaywood schweift jedoch ein wenig ab und bringt dabei etwas auf den Punkt, dass ich bereits seit Jahren genau so mache, jedoch nie richtig in Worte zu fassen wusste. Es geht dabei um die Kompressions-Thematik digitaler Musik, die mir auch wegen meiner Studienwahl (Hörtechnik & Audiologie) am Herzen liegt.
Die meisten Songs werden digital als MP3-Files abgespeichert. Dabei handelt es sich um einen verlustbehafteten Codec, der seine Kompression auf die Eigenschaften des menschlichen Gehörs abgestimmt hat. Dies ermöglicht, bei mittleren Bitraten ab etwa 256kBit/s die Dateigröße stark zu senken, ohne wahrnehmbare Klangeinbußen zu erzeugen.
Nun hält sich unter Audiophilen ohnehin eine Abneigung gegenüber digitale Medienbibliotheken. Wer die volle Klangqualität genießen möchte, der besitzt eine teure Stereoanlage und beliefert die Ohren mit Musik von der CD – kompressionsfrei und genau wie nach dem Mastering. Dieser Grundidee bin auch ich verfallen. Wenn ich eine tolle CD habe, möchte ich diese genau so hören, wie es der Produzent im Studio für gut befunden hat. Ohne Equalizing, ohne Artefakte, nur das reine Signal.
Aber:
I am by no means one of those audiophiles who believes in spending thousands on speaker cables and $2000 on a power cord that defies the laws of physics. Still, though, by using only Apple lossless audio codec (ALAC), I know that I can avoid even thinking about sound quality issues. That’s the appeal for me.
(by Richard Gaywood)
Ich übersetze frei:
Ich bin unter keinen Umständen ein Audiophiler der Tausende für Lautsprecherkabel ausgibt und $2000 für ein Netzkabel, das den Gesetzen der Physik trotzt. Dennoch vermeide ich durch das Verwenden von Apples Lossless Codec komplett über Klangeinbußen nachdenken zu müssen. Das ist der Anreiz für mich.
Genau dieses Zitat veranlasste mich zu diesem Eintrag. Ich habe das Bedürfnis Musik in der bestmöglichen Qualität zu besitzen, ohne Kompromisse. Jedoch nicht, weil ich mir einbilde, ich könne durch teures Equipment und ein besonders präzises Gehör jedes kleinste Detail einer Aufnahme wahrnehmen. Ich gehe nicht mal davon aus, besonders gut zu hören, auch wenn so manche Audiometrie mir bereits ein gutes Hörvermögen in allen Frequenzbereichen attestiert hat. Das ist noch längst nicht ausschlaggebend für eine höhere Detailwahrnehmung. Und deshalb benötigte ich nicht gute Aufnahmen, da sonst mein Gehör “unterfordert” oder gar “beleidigt” wäre.
Es geht schlichtweg darum, so nah am Original zu hören wie möglich. Was mich bei einer schlechten MP3 ärgern würde, und was mir dann beim Anhören ständig im Hinterkopf sitzt ist die Tatsache, dass es Details geben könnte, die der Kompression zum Opfer gefallen sind, aber für mich doch hörbar gewesen wären und den Genuss deutlich gesteigert hätten. Das sind natürlich hypothetische und seltene Details. Doch trotzdem will ich die Möglichkeit bekommen, diese zu hören. Ohne Kompromisse.
Deswegen lächle ich gerne über die Audiophilen, die sich tatsächlich der Meinung sind ständig und überall mit ihrem 50.000€-Equipment Unterschiede zu hören, die wohlmöglich gar nicht da sind. Aber ich freue mich immer, wenn jemand die Einsicht besitzt, dass man eben gar nicht alles hören kann. Alles andere ist Einbildung.