Am Feministischen Kampftag Verantwortung übernehmen
Heute ist der 8. März, Feministischer Kampftag. Das will ich zum Anlass nehmen und bewusst Männer wie mich ansprechen, um auf unsere Verantwortung hinzuweisen. Denn Männer profitieren nicht »einfach nur« vom Patriarchat — wir machen uns durch Ignoranz auch mitverantwortlich oder nutzen Machtpositionen aktiv aus, um die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft zu erhalten oder die Rechte von Frauen* sogar weiter zu beschränken. Das kann eine pluralistische und tolerante Gesellschaft nicht akzeptieren.
Ich fühle mich selbst dazu verpflichtet, das nicht nur anzuerkennen, sondern aktiv an der Beseitigung dieser Strukturen mitzuwirken – und das nicht nur an einem Tag im Jahr, sondern jeden Tag. Das bedeutet für mich konkret:
Gleichberechtigung im Alltag leben. Wenn Männer mal Hausarbeit, Kinderbetreuung, und emotionale Arbeit übernehmen, wird dies nach wie vor als »Unterstützung der Frau*« glorifiziert. Man(n) betreibt dann ausgiebig Selbstbeweihräucherung, hat für echte Gleichberechtigung jedoch nichts erreicht. Es gilt daher vielmehr, gemeinsame Verantwortung tatsächlich zu teilen und konservative Geschlechterrollen aufzubrechen, ohne großes Lob dafür zu erwarten.
Sexismus nicht schweigend hinnehmen. Ob bei Gesprächen im Privaten, am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit: Wenn Frauen* abgewertet oder belästigt werden, dürfen wir nicht wegsehen, sondern müssen den Mund aufmachen. Dazu gehört auch, »gut gemeintes« und »Witze« aus einer feministischen Perspektive zu betrachten und den Sprecher mit seiner Ignoranz zu konfrontieren. Letzteres halte ich tatsächlich für einen zentralen Beitrag den Männer zum Feminismus leisten müssen. Denn solange sexistische Kackscheiße Sprüche auch von bereits sensibilisierten Männern geduldet werden, legitimiert das in den Augen von Patriarchen diese ihre Haltung.
Platz machen, zuhören, lernen, sich selbst hinterfragen. Frauen* haben immer und überall mit systemisch ungleichen Chancen zu kämpfen. Wer hat häufiger das Wort in Meetings? Wer bekommt Anerkennung für erbrachte Leistung? Wer wird für die Inhalte wahrgenommen und wer hingegen nur für das Geschlecht? Wir müssen Frauen* aktiv unterstützen und ihnen den Raum lassen, der ihnen zusteht. Nicht gönnerhaft, sondern weil wir ihn seit jeher an uns gerissen haben und das auch immer noch tun. Wir müssen zuhören und dazulernen wollen. In den Medien, bei der Arbeit und im persönlichen Umfeld — überall sind wir umgeben von weiblichen* Perspektiven, doch wir erkennen diese nicht an, werten sie ab und versetzen uns nicht in sie hinein — oder lassen sie gar ausreichend zu Wort kommen. Das ist aber elementar, um echte Gleichberechtigung zu erreichen. Und das bedeutet letztlich auch sich selbst ehrlich zu machen und das ganz persönliche Verhalten zu hinterfragen. Welche Rollenbilder, Denkmuster und Verhaltensweisen trage ich selbst mit mir herum, die ihren Ursprung in patriarchalen Strukturen haben und was kann ich tun, um diese zu überwinden? Das kann sehr unangenehm sein, denn kein Mann wird als »perfekter Ally« geboren. Aber genau hier sind wir in der Verantwortung, zu lernen und uns weiter zu entwickeln.
Feminismus ist kein Nischen- oder »Frauenthema«. Er betrifft auch und gerade Männer. Wer sich von ihm bedroht fühlt, ist als erstes aufgefordert zu hinterfragen, warum das so ist, und ob dahinter nicht die Angst vor persönlichem Machtverlust und persönlicher Mitverantwortung steht. Und sich dem nicht zu stellen, ist wahrscheinlich der Inbegriff fragiler Männlichkeit.